Unsere diesjährige Weihnachtsspende ging an das „Bündnis gegen Cybermobbing“, einen Verein im Kampf gegen den Hass im Netz. Uwe Leest, Vorstandsvorsitzender des Bündnisses, hat sich dazu mit uns für ein virtuelles Interview getroffen.

Was ist Cybermobbing eigentlich genau?

"Cybermobbing ist die Verlagerung des „physischen“ Mobbings ins Internet und in die sozialen Medien. Cybermobbing trägt verschiedenste Straftatbestände in sich, das reicht von Beleidigung oder Belästigung bis hin zur Bedrohung."

Wofür setzt sich das „Bündnis gegen Cybermobbing“ ein? Welche konkreten Maßnahmen führen Sie durch?

"Für uns steht die Prävention an Schulen im Mittelpunkt. Dort versuchen wir Schüler:innen, Lehrer und Eltern für das Thema Cybermobbing zu sensibilisieren und diese zu unterstützen.

Außerdem führen wir Studien durch, anhand derer wir das Schulumfeld, aber auch seit diesem Jahr den beruflichen Kontext im Zusammenhang mit Cybermobbing analysieren. Denn auch dort ist Cybermobbing gerade unter den jungen Auszubildenden kein seltenes Phänomen.

Wir bieten außerdem eine Telefonhotline und ein Online-Portal an, an die man sich als Betroffener oder als Eltern von betroffenen Kindern wenden kann. Außerdem bieten wir Kontakt zu polizeilichen Präventionsstellen und Psychologen."

Wie ist das Bündnis entstanden?

"Meine damals 13-jährige Tochter kam in ihrem schulischen Umfeld mit dem Thema Cybermobbing in Berührung. Zufälligerweise kam ich auf einem Internetkongress zum Thema Cybercrime in Karlsruhe mit einigen Wissenschaftlern ins Gespräch. 2011 haben wir daraufhin den Verein gegründet und sind seither bundesweit tätig, kooperieren aber auch mit Österreich und der Schweiz."

Uwe Leest, Vorstandsvorsitzender "Bündnis gegen Cybermobbing"

Wie hat die Corona-Pandemie Ihr Arbeiten verändert?

"Unsere Arbeit ist emotional und hat auch etwas mit physischem Erleben und Interaktion zu tun. Das ist ja etwas, was uns allen in Zeiten von Homeschooling und Videokonferenzen oft fehlt. Unsere Arbeit haben wir infolge der Pandemie webbasiert angeboten. Lehrer und Schüler:innen haben unsere Angebote wesentlich weniger genutzt. Wir haben allerdings Webinare für Eltern angeboten, die sehr gut besucht waren."

Wie sieht es mit der fortschreitenden Digitalisierung aus – welche Entwicklungen lassen sich dahingehend im Bereich Cybermobbing erwarten?

"Wir sehen jetzt schon einen starken Anstieg des Cybermobbings. Ein großes Problem der Verlagerung ins Internet ist die Anonymität. Cybermobbing findet anonym statt und das macht es auch so schwer, die Täter:innen nachzuverfolgen."

Was planen Sie für die nächsten Jahre?

"Neben der Verbesserung des Anonymitäts-Problems engagieren wir uns auch politisch, mit der Absicht ein deutsches Cybermobbinggesetz einzuführen und dieses schließlich auch umzusetzen. Denn leider werden die eigentlichen Straftaten, die unter Cybermobbing fallen, in Deutschland nur selten auch wirklich sanktioniert.

Zudem wird unser Präventionsprogramm weiter innerhalb der Schulen aber auch innerhalb der Unternehmen ausgebaut: Wir planen, den Unternehmen eine Cyberversicherung für ihre Mitarbeiter:innen anzubieten, sodass diese die Möglichkeit haben, sich im Fall des Falles an das Bündnis zu wenden."

Was kann jeder Einzelne von uns tun, wenn man beispielsweise Zeuge von Cybermobbing wird?

"Die meisten Menschen tendieren dazu, einfach nur zuzuschauen. Manche stellen sich auf die Seite der Täter:innen, nur die wenigsten stellen sich auf die Opferseite. Das Wichtigste ist, nicht wegzuschauen und sich vielmehr auf die Seite des Opfers zu stellen. So ist das Opfer nicht alleine und der/die Täter:in hat nicht nur das Opfer gegen sich, sondern wird in seinem Handeln und Tun stärker in Frage gestellt."

Wir danken Herrn Leest für das freundliche Interview. Mehr Informationen zum Bündnis gegen Cybermobbing finden Sie hier.